Portrait Godehart
Werner D. Godehart
„...Als ich diese „Heranziehung von Schülern zum Kriegshilfseinsatz der deutschen Jugend“ bekam, war ich morgens in der Schule. Und um 9 Uhr kam unser damals stellvertretender Direktor - unser Direktor, Oberstudiendirektor, war damals im Kriegsdienst - das war Herr Studienrat Pape und verteilte diese Dinge und wir mussten dann sofort nach Hause gehen. Ich kam nach Hause und meine Mutter war sehr erregt, weil mein Vater auf Geschäftsreise in Hannover war. Und hat dann sofort ein Telegramm an ihn geschickt, wo drauf stand: „Ludwig, sofort nach Hause kommen, Werner ist eingezogen!“ Was für meinen Vater natürlich völlig unverständlich war, weil ich ja gerade vierzehneinhalb war...

...Wir sammelten uns dann in der Schule, ich glaube mittags um 11, 11.30 Uhr und gingen dann zum Bahnhof unter der Leitung von Karl Büschking, Kalle genannt, das war unser HJ-Führer. Und wurden dann von dem HJ-Führer Ihme in Empfang genommen und fuhren mit dem dann nach Nijmegen. Ich hatte bis dahin keine Ahnung, wo Nijmegen lag, aber wir kamen dann dahin und in ein Mädchen-Gymnasium, wo wir dann in so übereinander gestapelten Betten schliefen. Von da aus mussten wir morgens immer zu Fuß an den Waal gehen. Der Waal ist ein künstlicher Nebenfluss des Niederrheins. Und die Sändbänke, im Grunde die Uferbänke, bestanden aus Kies, aufgeschüttetem Kies. Und nun buddeln sie mal im aufgeschütteten Kies Gräben. Das war also wirklich ziemlich bescheuert, denn wenn sie hier eine Schaufel rausschmissen, dann rutschte auf der anderen Seite wieder eine Schaufel nach...

...Also am 18. September 1944 in der Mitte des Morgens, vielleicht so um 11, 12 Uhr, kamen die Engländer und setzten „Tannenbäume“. Die „Tannenbäume“ bedeuteten genau, wo die Abwurfstelle war. Und der erste „Tanenbaum“ – es war alles aufgeteilt in Regionen, bis zu uns ran mit Stacheldraht, waren holländische Juden und dann kam für die deutsche HJ eine Strecke von ein paar hundert Metern und dann gab es wieder einen Stacheldrahtzaun und dann kamen wieder DP’s oder Displaced Persons oder wieder holländische Juden. Die erste Bombe, das waren Splitterbomben, die erste Bombe fiel genau an unserem Zaun und die letzte auf der anderen Seite an dem Zaun. Und dazwischen lagen wir nun mit 30 Jungs aus Nienburg und dem Herrn Ihme und 30 Jungs aus Wunstorf. Und deren Leiter war ein älterer Studienrat. Als das dann so richtig losging, dann haben wir uns natürlich in die von uns selbst gegrabenen Gräben verflüchtigt. Und bei diesen Splitterbomben sind natürlich ein paar ausgerastet. Das waren drei Leute, aber unser Herr Ihme hat sich dann auf die drauf geschmissen und hat die festgehalten. Bei den Wunstorfern war dieser etwas ältere Studienrat, der hat das nicht so in diesem Sinne begriffen. Und dann sind dann drei Leute während des Bombenhagels – wie gesagt alles Splitterbomben – raus gesprungen. Und die waren dann etwas zerfetzt. Wir durften dann nach dem Bombardement diese drei Leute in Jutesäcken einsammeln....“
Werner D. Godehart

geb. 21.8.1929 in Nienburg
Besuch der Katholischen Volksschule und
der Oberschule für Jungen bis 1945
Industriekaufmann in Bremen, Brasilien und Jamaica
1960 zur Glasfabrik Wilhelmshütte Himly-Holscher&Co
bis 1994 dort als Prokurist tätig