Portrait Köster
Sabine Köster
„...Am 3. März schickte unsere Mutter uns Kinder mit einem Zug, der da noch ging, gen Westen, weil die Russen immer näher kamen und sie somit die Gelegenheit hatte, uns Kinder doch noch in Sicherheit zu bringen. Da waren wir eine ganze Woche unterwegs. Von Greifenberg bis Anklam – das sind ungefähr 80 Kilometer. Dafür haben wir über eine Woche gebraucht, oben über Wollin, Usedom, denn alles war verstopft, die Straßen waren voller Trecks. Dann machten wir erst Pause bei Verwandten in Mecklenburg. Als die Russen dann über die Oder kamen und unsere Mutter nicht gekommen war, obwohl wir so furchtbar auf sie gewartet hatten, sind wir dann weiter gefahren nach Nienburg. Da waren wir auch zwei Tage mit dem Zug unterwegs. Wir waren bei einer Tante, die eben die einzige war, die im Westen wohnte und bei der sich die ganze Verwandtschaft sammelte. Als wir da ankamen, am 26. April, haben wir einen wunderschönen Kindergeburtstag von einer Cousine gefeiert. Bei herrlichem Frühlingswetter – als wenn nichts wär’. Ich finde es so erstaunlich bei all’ dem Durcheinander: Gerade ein Tag vorher von der Flucht angekommen, Sommerkleider rausgekramt und Geburtstag gefeiert...

...Bei unserer Tante versammelte sich die ganze Verwandtschaft und sie hatte einfach keinen Platz mehr. Sie war befreundet mit Volgers von Schäferhof und da hat sie uns bei denen einquartiert. Da waren wir dann wie Besuch – es war nett und gemütlich. Wir waren guter Dinge. Nun kamen aber die Engländer immer näher und es hieß, dass Nienburg womöglich verteidigt wird. Wir wurden evakuiert und fuhren mit dem Gummiwagen, Matratzen und unseren paar Sachen nach Stöckse. Dort waren wir Forsthaus im Dorf untergebracht. Das war ein Zimmer, da breiteten wir unsere Matratzen aus und warteten, was nun wird.
Anfang Mai rollten plötzlich die Panzer da ein. Das ist natürlich wahnsinnig beängstigend, denn jedes Haus zitterte. Ein fürchterliches Grollen, kein Schießen, aber diese Ungetüme von Panzern waren Angst machend....“
Sabine Köster

geb. von Blankenburg
geb. 1930 in Rottnow
1945 Flucht als 14-Jährige mit vier Geschwistern
Familie (sechs Kinder und Eltern) trifft sich unversehrt im August 1945 in Nienburg
Berufstätig als Gärtnerin und Altenpflegerin