Kriegsende in Nienburg am 9. April 1945 | ||||||
Am 5. April forderte die Verwaltung die Bevölkerung auf, Nienburg zu verlassen. Im Raum Loccum-Leese und Stolzenau entbrannten schwere Kämpfe zwischen britischen Panzern und deutscher Infanterie. Deshalb flüchteten viele Nienburger mit ihrem Hab und Gut in Richtung Sonnenborstel und Steimbke. In der Nacht zum 8. April sprengten deutsche Truppen beim Rückzug die Weserbrücke. Stadtkommandant Werner Hartmann erklärte Nienburg zur „offenen Stadt“.Dazu hatten ihn Bürgermeister Wilhelm Beims und Landrat Siegfried von Campe überredet, die beide die aussichtslose Lage erkannt hatten.In der schriftlichen Erklärung heißt es: „Nienburg ist von deutschen Truppen geräumt. Ich als Bürgermeister diese Stadt erkläre Nienburg zu einer offenen Stadt. Der Volkssturm ist aufgelöst, ich habe ihn in den Ordnungsdienst übernommen, soweit die Männer freiwillig dazu bereit waren.“ Die Übergabe der Erklärung erfolgte am 9. April. In Höhe des Führser Mühlweges in Langendamm trafen Beims, von Campe und Hartmann auf britische Panzer. Der Chef der britischen Kampfeinheit erklärte unmissverständlich: „Eine halbe Stunde später hätten Sie nicht zu kommen brauchen, denn unsere Bomber sollten um 13 Uhr gegen Nienburg fliegen!“ In Rodewald und Steimbke gingen die Kämpfe dagegen weiter. SS-Bataillone hatten sich dort auf Verteidigung eingerichtet. Britische Verbände umstellten daraufhin die Orte und beschossen die Bevölkerung. Die Bilanz alleine in Steimbke: Sechs Zivilpersonen und 15 SS-Männer starben am letzten Kriegstag. Die englische Militärregierung unter Leitung von Oberst H.D. Murrane richtete ihr Hauptquartier im „Hotel zum Kanzler“ ein. Die politische Abteilung (Secret service) war in der Wilhelmstraße 29 untergebracht. Bürgermeister Wilhelm Beims und Mitglieder des nationalsozialistischen Rates wurden festgenommen. |
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Um die Kontrolle zu behalten, verhängten die Engländer ein Ausgehverbot. Die Bürgerinnen und Bürger der Stadt durften sich nur von 10 bis 11 und 14 bis 15 Uhr auf den Straßen bewegen. Bereits am 12. April kam ein „beratender Ausschuss“ auf Einladung von Murrane zusammen. Die ausgewählten Nienburger Bürger sollten die „Sicherstellung der Verpflegung“ und die „Ingangsetzung einer geordneten Kommunalverwaltung“ beraten. Aus ihrem Kreis wurde Adolf Hildebrand zum neuen Bürgermeister ernannt. Die Verpflegungs- und Wohnungsnot blieb das größte Problem der Nachkriegszeit. 170 Häuser, Schulen, Banken, ja sogar ganze Straßenzüge wurden von den Besatzern beschlagnahmt. Darunter die Kleine Drakenburger Straße und die Martinsheide-Siedlung. Die Bevölkerung musste zusammenrücken. Hinzu kamen Flüchtlinge und Vertriebene, die versorgt und betreut werden mussten. Da es kaum Lebensmittel zu kaufen gab, wurde getauscht. Der Schwarzmarkt hatte Hochkonjunktur. |
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Die Illustration zeigt die "Fliegende Festung" "Flying Fortress", den Bahnhof vor der Zerstörung, zerstörte Weserbrücke mit britschen Soldaten beim Wiederaufbau, vermisster Pilot "Opa Larry". |
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Auf dem Land tauschten die Nienburger Porzellan und Schmuck gegen Mettwurst und Eier. Im Rehburger Moor konnte man zum Heizen Torf stechen, denn Feuerholz war rar. Schuluntersuchungen ergaben, dass von 1498 Kinder 594 unterernährt waren. Deshalb beschloss der Rat Nienburg am 1. August 1947 eine regelmäßige Schulspeisung. |
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